Knicke im Lebenslauf – Karrierebremse oder charismatischer Pluspunkt?

Knicke im Lebenslauf

Arbeitgeber sind doch alle gleich – sie wollen den perfekten Mitarbeiter. Einen, der kontinuierlich seine Karriere ausbaut, der sich beruflich noch nie vergaloppiert hat, seine Zeit nicht mit irgendwelchen Alternativwegen vertrödelt. Ist das wirklich so? Warum sind Personalchefs denn manchmal so schrecklich streng? Oder dreht sich gerade etwas in den Köpfen der Entscheider und auch „verschlungene“ Lebensläufe bekommen eine Chance?

Woran liegt es?

Fast jeder, der sich bewirbt und sein bisheriges Berufsleben möglichst realitätsgetreu und positiv zu Papier bringen muss, findet kleine oder auch große Makel in seiner Vita. Kein Wunder bei der aktuell herrschenden Arbeitspolitik, in der es vor Befristungen und Massenentlassungen nur so wimmelt. Wie oft endet ein Arbeitsverhältnis, ohne dass der Betroffene dies wirklich zu vertreten hat. Da ist es gar nicht so einfach, dem Personalchef klarzumachen, dass man ein verlässlicher und wertvoller Mitarbeiter sein kann. Noch schlimmer trifft es Berufsanfänger, die all die so konsequent geforderten „ersten Erfahrungen“ einfach nicht haben können. Selbst wer berufliche Durststrecken mit Nebenjobs oder fachfremden Tätigkeiten überbrückt, muss sich oft als unbeständig oder orientierungslos behandeln lassen, statt für seine Initiative gelobt zu werden. Der Hintergrund ist, dass Personalentscheider in kurzer Zeit den perfekten Mitarbeiter finden wollen und müssen. Viele bevorzugen schlicht aus Zeitnot, manchmal auch Bequemlichkeit Bewerber mit stringenten Lebensläufen. Ob diese tatsächlich immer der Wahrheit entsprechen, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Mut zur Lücke

In den letzten Jahren hat sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt radikal verändert. Im Zuge der erschwerten Bedingungen bei der Arbeitsuche sind Knicke und Lücken im Lebenslauf mittlerweile kein zwangsläufiges K.O.-Kriterium mehr. Auch Personaler lesen Zeitung und wissen um den harten Kampf um Jobs und Praktika, und langsam macht sich ein gewisses Verständnis für etwas holperige Wege durchs Arbeitsleben bemerkbar. Freibriefe für unbegründete berufliche Auszeiten gibt es allerdings nach wie vor nicht. Entscheidend ist, trotz oder gerade wegen ungewöhnlich gefüllter Zeitlücken das Interesse des Entscheiders zu wecken. Auf entsprechende Nachfragen muss man natürlich gefasst sein, aber wer seinen Arbeitsweg wohlüberlegt in die eine oder andere Richtung gelenkt hat, wird das auch dem Personalchef plausibel machen können. Jeder noch so abwegige Mini-Job, eine ehrenamtliche Beschäftigung oder ein unbezahltes Praktikum sind in Personaler-Augen wertvoller als ungenutzte Zeiten, schließlich kann man von jeder Art Erfahrung im Arbeitsleben profitieren. Vielleicht lässt sich aus der Not eine Tugend machen, indem man einen Fachrichtungswechsel einfach damit begründet, dass der alte Job einen nicht mehr ausfüllen konnte und man eine ganz neue Herausforderung brauchte. Wichtig ist, zu seiner Wahl zu stehen und gute Argumente dafür zu finden – Persönlichkeit, Glaubwürdigkeit und Konsequenz sind nämlich durchaus geschätzte Arbeitnehmerqualitäten.

Wie viel „Kosmetik” ist erlaubt?

Im europäischen Raum kommt gerade bei der Arbeitssuche den Dokumenten eine enorm große Bedeutung zu. Was nicht auf einem Stück Papier vermerkt ist, wird in seiner Existenz nicht selten sogleich stark angezweifelt. Arbeitszeugnisse, Praktikumsnachweise, Teilnahmebescheinigungen und ähnliches sind daher unverzichtbar. Egal wie unbedeutend Ihnen der übergangsweise angenommene Nebenjob erscheint – lassen Sie sich eine Bestätigung darüber ausstellen, und sei es nur als Tätigkeitsnachweis. Auch wenn die Versuchung groß ist, sollte man Lücken nicht durch erfundene Selbständigkeiten oder Auslandsaufenthalte schließen – die Enttarnung lauert überall. Selbst entworfene Zeugnisse und Urkunden werden als Betrug strafrechtlich geahndet, sind also keine Alternative. Arbeitsfreie Zeiträume von weniger als einem Monat können jedoch getrost vernachlässigt werden.