Was kann ich gegen Konflikte am Arbeitsplatz in Form von Mobbing, Straining und Belästigung tun?

Mobbing und andere Konflikte am Arbeitsplatz

Konflikte sind Bestandteil unseres Alltags, auch im Arbeitsleben. Viele lassen sich ausräumen, gelingt dies aber nicht, entwickelt sich der Konflikt weiter und eskaliert, gibt es am Ende nur Verlierer. 

Der Begriff Mobbing bezeichnet die zielgerichtete Schikane oder Diskriminierung einer bestimmten Person, die oft von mehreren Kollegen gemeinsam, von Vorgesetzten oder sogar vom Arbeitgeber selbst ausgeübt wird. In Betracht kommen Tätlichkeiten, Ehrverletzungen, Demütigungen, Isolierung, unsinnige und schikanöse Arbeits­anwei­sungen, unter Druck setzende Personalgespräche, sachlich unbegründete Ungleich­behandlungen, Ausschluss von Informa­tionen und Kommunikation, u. ä.

Oftmals kommt diesen einzelnen Handlungen oder Verhaltens­weisen für sich allein betrachtet noch keine rechtliche Bedeutung zu – erst die fortgesetzte, systematische Kombination einiger oder mehrerer Handlungs­formen oder Verhaltens­weisen zusammen ergeben die rechtliche Qualität des "Mobbings". Arbeits­ausfälle, Fehlzeiten bis hin zur Kündigung oder eine lang andauernde Krankheit, die sonst nicht eingetreten wären, können die Folge sein.

Auch bei nur einer oder nur wenigen beeinträch­tigenden Handlungen oder Verhaltens­weisen kann Mobbing in Form von Straining vorliegen. Straining ist ein Konflikt am Arbeits­platz, der nicht auf zahlreichen feind­seligen Handlungen gegen ein Opfer basiert, sondern bei dem nur wenige Handlungen (oftmals gar nur eine) oder Gespräche einen weitreichenden und anhaltenden negativen Effekt auf das Arbeits(er)leben des Opfers haben, so Harald Ege (Straining – eine subtile Art von Mobbing, 2014, S. 18 1.2). 

Straining wird oft angewendet, wenn man sich von einem Mitarbeiter trennen möchte, es jedoch keine Gründe gibt, die dem allgemeinen oder besonderen Kündigungs­schutz standhalten oder wenn sich der Betrieb die Abfindung im Fall eines Aufhebungs­vertrages ersparen möchte.

Das Bundes­arbeits­gericht hat jüngst höchst­rich­ter­lich klarge­stellt, dass der in § 3 Abs. 3 AGG normierte Begriff der Belästigung auf „Mobbing“ zu übertragen ist,BAG, Urteil v. 25.10.2007 – 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223. Eine Beläs­tigung liegt vor, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betref­fenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes feindliches Arbeitsumfeld geschaffen wird.

Mobbingfälle können deshalb künftig nach dieser Definition beurteilt werden. Es kommt dann nicht darauf an, ob zusätzlich ein Diskrimi­nierungs­merkmal nach § 1 AGG vorliegt. 

Sind Tat und Täter dann als solches erkannt, stellt sich natürlich die Frage nach den rechtlichen, medizinischen und therapeutischen Handlungsmöglichkeiten.

Auf jeden Fall gilt es zu handeln, denn Mobbing führt bei Betroffenen zu starkem seelischen und körperlichen Stress und kann langfristig von Schlaf­störungen und Gereiztheit, über Ängstlichkeit und depressiven Verstimmungen zu körperlichen und psycho­somatischen Beschwerden führen. Ohne Hilfe sind Mobbing-Betroffene nicht in der Lage, ihre Situation zu bewältigen. Der Versuch, allein mit der Situation fertig zu werden, wird scheitern und führt zu einer Chroni­fizierung oder Verschlimmerung der gesundheitlichen Beschwerden. 

Was aber ist zu tun, wenn es im Betrieb keine Stellen zur Mobbing-Prävention gibt, der Vorgesetzte sich desinteressiert zeigt oder gar selbst der „Mobber“ ist oder das Einschalten dieser Stellen nicht geholfen hat?

Unerlässlich ist insbesondere die Führung eines sog. Mobbing-Tagebuches, wo die einzelnen Vorfälle nach Datum, Uhrzeit, Ort, Verlauf und ggf. Zeugen aufgeführt werden. 

Ein Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht als Ihr unabhängiger Berater kann in diesem frühen Stadium wichtige Weichenstellungen vornehmen, indem er zunächst hilft, die Situation umfassend – unter Einbeziehung auch fachärztlicher Kompetenz - aufzuklären. Er ist auch der richtige Ansprechpartner, um über die Rechte aufzuklären, die Sie als Betroffener haben, das Mobbing-Tagebuch ist dabei für ihn eine wichtige Arbeitshilfe.

Daneben sollten Sie sich einer Vertrauensperson aus dem privaten – nicht dem betrieblichen – Umfeld offenbaren und Unterstützung suchen. Der Haus- oder Facharzt kann ein wichtiger Ansprechpartner sein, neben der gebotenen medizinischen Unterstützung dient ein ärztliches Attest auch der erforderlichen Dokumentation und Beweisführung im Rahmen eines späteren juristischen Vorgehens. 

Gerade in frühen Stadien des Mobbings kann therapeutische Unterstützung oder ein Coaching eine wertvolle Hilfe sein. 

Wichtig ist vor allem ein vernetztes Vorgehen aller genannten Beteiligten, um für Sie als Betroffenen eine sinnvolle Lösung zu erarbeiten. Als Betroffener müssen Sie sich darüber klar werden, dass eine Mobbing-Situation ohne Hilfe in der Regel nicht zu bewältigen ist – ein „Das schaffe ich schon“ ist die falsche Herangehensweise.

Schon allein aus rechtlichen Gründen muss der Konflikt frühzeitig bekannt gemacht und Abhilfe verlangt werden, es drohen für Ihre Ansprüche sonst Ausschlussfristen.

Als Mobbing-Betroffener können Sie ggf. Unterlassungs-, Schmerzensgeld-, Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber und/oder den „Mobber“ geltend machen, in besonderen Fällen kann ihnen neben einem Zurückbehaltungsrecht auch ein Recht zur fristlosen Kündigung zustehen. Nicht zuletzt kann das Verhalten eines „Mobbers“ für diesen auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Gegen eine unberechtigte Versetzung, Abmahnung und Anweisung können Sie sich wehren. Keinesfalls sind Sie als Betroffener also wehrlos.

Es gilt aber sorgfältig abzuwägen, welcher Schritt in welcher Reihenfolge getan wird, Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen müssen gewahrt werden. Wichtig ist, dass jetzt keine Gelegenheiten durch schlechte Vorbereitung „verschenkt“ werden – meist gibt es nicht mehrere klärende Gespräche. 

Betroffene sollten sich daher rechtzeitig von einem entsprechend spezialisierten Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen, der Kontakte auch zu Fachärzten und Therapeuten hat – ich helfe Ihnen gerne weiter!

 

Karl-Heinz Sommer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Erkrath (Düsseldorf), www.sommer-rechtsanwalt.de, Stand 03/2019.