Rückzahlung von Gratifikationen

Arbeitsrecht - Rueckzahlung von Gratifikationen

Gerade zu Anfang eines jeden Kalenderjahres stellt sich für viele Arbeitnehmer, die eine Gratifikation, etwa in Form eines Weihnachtsgeldes, oder einer Bonuszahlung, die am Anfang des Jahres gewährt wird, erhalten haben, die Frage hinsichtlich etwaiger Rückzahlungsverpflichtungen für diese Leistungen, wenn sie den Arbeitgeber wechseln wollen. Eine Rückzahlungspflicht wird regelmäßig durch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgelöst.

Von der zugrunde liegenden Vereinbarung hängt ab, welche konkreten Beendigungstatbestände eine solche Rückzahlungspflicht überhaupt auslösen. Häufig verbinden Arbeitgeber die Zahlungen von Gratifikationen mit einem Rückzahlungsvorbehalt, um den Arbeitnehmer an das Unternehmen zu binden und zu verhindern, dass dieser unmittelbar nach Erhalt dieser Zahlung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Solche Rückzahlungsvorbehalte sind auch grundsätzlich wirksam, sie müssen jedoch hinreichend bestimmt und eindeutig gefasst sein und dürfen nicht durch eine unzulässige lange Bindung gegen die Berufsausübungsfreiheit verstoßen.

Ein Anspruch auf eine Gratifikation besteht ebenfalls immer nur aufgrund gesonderter Rechtsgrundlage, diese kann sein ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung, der Arbeitsvertrag an sich, betriebliche Übung, vertragliche Einheitsregelungen oder eine Gesamtzusage sein. Gleiches gilt für eine Rückzahlungsklausel.

Generell versteht man unter einer Gratifikation eine Sonderleistung, die der Arbeitgeber aus bestimmten Anlässen (Weihnachten, Urlaub, Geschäfts- und Dienstjubiläen usw.) zusätzlich zur Arbeitsvergütung gewährt.

Von der Gratifikation und anderen Sonderzahlungen zu unterscheiden ist das sogenannte 13. Monatsgehalt oder sonstige in das Vergütungsgefüge eingefügte Sonderleistungen, wie z.B. auch Prämien aufgrund von Zielvereinbarungen. Hierdurch soll allein die Arbeitsleistung in der Vergangenheit abgegolten werden. Eine Rückzahlungsverpflichtung für die Abgeltung von Arbeitsleistungen in der Vergangenheit ist nicht zulässig.

Zweck einer Gratifikation - und diese Unterscheidung ist sehr wichtig auch für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Rückzahlungsklausel – kann zum Einen die Belohnung erbrachter und zum Anderen auch ein Anreiz für künftige Betriebstreue sein. Auch kommen beide Ziele gleichzeitig vor, in diesem Fall dürfte ein Arbeitnehmer den Anteil der Gratifikation, der der Belohnung vergangener Betriebstreue dient behalten und müsste nur den Teil der Gratifikation zurückzahlen, der Anreiz für künftige Betriebstreue ist. Handelt es sich um eine „echte“ Weihnachtsgratifikation, ein Urlaubsgeld, Abschluss- und Treueprämien oder Jubiläumszuwendungen, die von einem wirksam vereinbarten Rückzahlungsvorbehalt erfasst werden, müssen zusätzlich noch die Bindungsdauer und die Höhe der Zahlung nach von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen in einem bestimmten Verhältnis stehen.

 

Hierzu gilt Folgendes:

  • Bis zu einem Betrag von 100,00 Euro ist jede Rückzahlungsklausel unwirksam.
     
  • Bei einem Betrag zwischen 100,00 Euro und weniger als einem Monatsgehalt beträgt die zulässige Bindungsfrist drei Monate und bei Weihnachtsgratifikationen jedenfalls bis zum 31.03. des Folgejahres. Würde ein Arbeitnehmer allerdings erst mit Ablauf des letzten Tages dieser Bindungsfrist (zum Beispiel zum 31.03.) ausscheiden, so besteht u.U. bereits keine Rückzahlungsverpflichtung mehr.
     
  • Beträgt die Gratifikation ein Monatsgehalt und hat der Arbeitnehmer innerhalb der Frist von drei Monaten bzw. bei Weihnachtsgratifikationen bis zum 31.03. des Folgejahres nur eine Kündigungsmöglichkeit, so ist ihm zuzumuten, diese auszulassen, wenn er die Gratifikation behalten will. Hat er in diesem Fall mehrere Kündigungsmöglichkeiten, so muss er diejenige wählen, die erst nach dem Frist
  • ablauf greift, dass heißt die Bindungsfrist kann bis zum darauffolgenden erstmöglichen Kündigungstermin vereinbart werden.
     
  • Liegt die Zahlung zwischen einem und zwei Monatsgehältern, so beträgt die noch zulässige Bindungsfrist sechs Monate, wobei der Arbeitnehmer bis zum Ende dieses Zeitraums nur kündigen darf, wenn dies nicht seine erste Kündigungsmöglichkeit ist.
     
  • Bei einer Zahlung von mehr als zwei Monatsgehältern können Bindungsfristen bis zu neun Monaten vorgesehen werden.

 

Die Bindungsfrist beginnt grundsätzlich mit dem Auszahlungszeitpunkt, lediglich bei der Weihnachtsgratifikation soll es auf das Ende des Kalenderjahres als Bezugszeitraum ankommen, bei Urlaubsgratifikationen auf den 01.07. eines jeden Kalenderjahres.

Zahlt der Arbeitgeber die Gratifikation in mehreren Einzelbeträgen aus, so werden diese zur Ermittlung der zulässigen Bindungsfrist nur zusammen gerechnet, wenn sie in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen. Daran fehlt es im Verhältnis von Urlaubsgeld Mitte des Jahres und Weihnachtsgeld zum Ende des Jahres. Insgesamt also eine nicht ganz unkomplizierte Situation, die jeweils einer sorgfältigen Prüfung im Einzelfall bedarf.

Sind zu lange Rückzahlungspflichten vereinbart worden, so sind diese insgesamt nichtig. Das bedeutet im Ergebnis, dass nicht die Gratifikationszusage überhaupt, sondern nur die zu lange Bindung, sprich die Rückzahlungsklausel, nichtig ist, d.h. eine Rückzahlungsklausel besteht in einem solchen Fall nicht.

 

Stand: 20.04.2012

 

K.-H. Sommer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Erkrath (Düsseldorf), www.sommer-rechtsanwaelte.de